#Journal 2018-02-17 American Gods
Passend zum Thema Cyberpunk Paganismus. Wir haben uns letzte Woche die erste Staffel der neuen Amazon Serie "American Gods" gekauft. Ich hab das Buch als Paperback und als Hörbuch schon mehrfach durchgesuchtet und war zu Anfang skeptisch. Die Storyline wie auch die Charaktere weichen vom ursprünglichen Buch doch deutlich ab. Ich versteh auch nicht warum man anscheinend zwanghaft versucht ist in den Büchern ursprünglich weiße Charaktere durch schwarze auszutauschen. Erschloss sich mir bei "Der dunkle Turm" nicht, weil die Beschreibung Rolands in den Büchern am ehesten auf Clint Eastwood oder Keith Richards passt (einer der Gründe warum ich mir das noch nicht angesehen habe) und erschliesst sich mir bei American Gods nicht. Charaktere wie Shadow Moon, Laura Moon, Mr. Wednesday, Easter oder der Technical Boy sind irgendwie komplett anders als im Buch beschrieben. Im Buch ist Shadow sehr gross, muskulös, teilweise phlegmatisch, graue Augen und dunkle Haare. Aber nicht "mixed race" und kahlrasiert (kein Scheiss. In America galt Obama bei seinem ersten Präsidentschaftswahlkampf als der "mixed candidate" und wurde dann Amerikas "first black president", das ist in Amerika auf viel mehr Ebenen und Arten Thema als uns hier in den Sinn kommt). Charaktere wie zum Beispiel Media, Jesus, Czernobog und die Sorya-Schwestern oder Jackyl und Ibis sind perfekt getroffen. Bei Lowkey Lyesmith bin ich mir nicht nicht so sicher.
Ich habe echt keine Ahnung, warum das erforderlich empfunden wird Charaktere, keine Ahnung, politisch oder korrekt umzuwandeln. Es nervt. Mich nervts.
ABER.
Wir haben die erste Staffel komplett durch und obwohl man die Story komplett neu verarbeitet hat, bin ich gefesselt. Gefesselt von der Geschichte, den Charakteren, ihren Facetten. Die Serie glänzt unter anderem durch Gewalt (wo sie angebracht erscheint), expliziter Nacktheit (ich habe selten so viele Penisse gesehen) und einem Szene in der zwei orientalische Männer Sex haben. Das gibt der Serie das, was mir oft fehlt, Authentizität. Da ist eine nackte Brust in der Story und es wird kein Aufriss gemacht und sie wird gezeigt, aber eben da und nicht forciert. Und wir sind irgendwie alle Fans von Mad Sweeny. Wahnsinn, wie die diesen Leprechaun auf die Leinwand bekommen haben. Aber auch eben die geänderten Charaktere, allen voran Shadow Moon und Wednesday überzeugen. Wednesday kommt absolut authentisch rüber und vermittelt den Geist, den Gaiman dem Leser mitgeben wollte. Shadow ist ein leicht anderer Charakter aber auch er überzeugt absolut und die erweiterte Rolle von Bilquis fasziniert. Eigentlich ist die Königin von Sheba nur ein marginaler Sideplot, aber in der Serie wird sie von Folge zu Folge interessanter, mit eigener Handlung und eigenen Bedürfnissen.
Die vielen Jesuse sind ein zusätzliches Goodie. Ohne Jesus wäre American Gods nicht so authentisch als hätte man darauf verzichtet. Das Jesusmeeting bei Easter zu Ostern ist ganz grosses Kino. Das ist ein Element das rückblickend im ursprünglichen Buch gefehlt hat. Amerika ohne Jesus ist nicht wirklich Amerika.
Bildgewaltig, alternativ und tiefgründig. Tiefgründig weil aus ganz alten mythologischen Quellen geschöpft wird. Mit großen Eimern. Empfehlenswert für alle die keine Angst vor Blut, Schweiss, Sperma, Mösensaft und Tränen haben und eine pagane Handlung möchten. Ausserdem bietet das viel Stoff und Anlass zum Nachdenken ob unsere Vorstellungen zeitgemäß sind. Authentisch. Lebendig. Energiegeladen.
Ich bin auf jeden Fall nach der ersten Staffel wieder so angefixt das ich mir gerade die "Author's favourite edition Audiobook" auf englisch. Der Sprecher der ersten Edition war meines Erachtens besser, aber ich will der neuen Edition von Harpers Audio eine Chance geben.
Internet:
Der Author http://neilgaiman.com
Die Serie https://www.starz.com/series/americangods/
Alle Bilder Eigentum von STARZ