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#Utopia Plan B 1.0

Ich habe das Thema Resilienzgemeinschaften in eine Strategie formuliert. Selbst wenn das eurer Meinung nach nicht funktionell ist, ihr anderer Meinung seid, ist es ein Ansatz für eine breitere Diskussion wie wir leben wollen.

Die Frage ist aber wie wir die Welt aktiv gestalten können statt immer nur passiv darüber zu reden was getan werden müsste. Ich hab im Laufe der Zeit die Frage immer wieder in den Raum gestellt, habe aber für mich keine befriedigenden Ansätze erhalten. Was jetzt folgt ist ein Konzept in fünf Schritten. Das muss nicht richtig sein, das darf kritisiert werden. Aber wenn es kritisiert wird wüsste ich dann gerne wie es denn besser gehen soll. Ich bin ja mal gespannt ob ich hierzu Mail erhalte.

 

Plan B V1.0

 

Punkt 1 Gesellschaftsvertrag

Eines der Probleme und meiner Meinung nach das Problem das als erstes angegangen werden muss ist das einer übergreifenden Idee, eines geteilten und gemeinsam getragenen Gesellschaftsvertrages der für alle Beteiligten maßgeblich ist für das Zusammenleben und einen verbindlichen Rahmen bildet.

Wir haben so einen Gesellschaftsvertrag bereits, einen humanistisch sakulären, mit der Proklamation der allgemeinen Menschenrechte und in Deutschland daraus hervorgehend dem Grundgesetz. Weltweit ist es aber so das viele das für nicht verbindlich halten oder nur zum Schein diesen Vertrag eingehen, was die Wirksamkeit und die Ernsthaftigkeit dieser Vereinbarung untergräbt. Zu nennen wäre da die Gleichberechtigung aller Menschen ungeachtet von Geschlecht, Kultur, Rasse, Religion. In der Praxis sieht das aus wie ein schlechter Witz. Normalerweise müsste man die Zusammenarbeit mit Menschen verweigern die sich an diesen Gesellschaftsvertrag nicht halten, das wäre für sich schon ein großer Schritt und würde die Welt auf den Kopf stellen. Stattdessen Lippenbekenntnisse, Lügen und Hinhaltetaktiken.

Dann ist die Frage der Aktualität auch noch im Raum. Unser bisheriger Gesellschaftsvertrag ist ein humanistischer anthropozentrierter. Wir leben in der Hegemonie des Homo Sapiens. Was aber ist mit den kommenden Mitspielern? Es gibt jetzt schon Algorithmen und KIs die sich zwar anscheinend noch nicht bewusst sind aber intelligent und lernfähig. Der erste Roboter hat in Saudi Arabien jetzt die Staatsbürgerschaft erhalten. Wie gehen wir damit um?

Was ist mit den genetisch Modifizierten? Jüngst hat es Berichte aus China gegeben das es nun endlich eine neue Art von Mensch gibt, CRISPR editierte Babies, die nicht an AIDS erkranken können. Wie lange gilt ein Mensch noch als Homo Sapiens wenn man an seinen Genen rumeditiert? Was ist mit den Mensch-Maschine Hybriden? Die Implantationstechnik schreitet immer schneller voran und Herzschrittmacher, Cochelarimplantate, RFID Chips und hirngesteuerte Armprothese sind machbar und umgesetzt. Wie lange ist ein Mensch-Maschine Hybrid ein Homo Sapiens? Aktuell sind auch die Diversen in der Debatte. Menschen die sich operativ und chemisch umwandeln. Das betrifft jetzt nicht nur die Geschlechterfrage sondern auch Augapfeltattoos, Körpermodifikationen wie entfernte Ohren, entfernte Finger, gespaltene Zungen und wer weiss was alles noch. Was ist mit diesen Menschen?

Meiner Meinung nach brauchen wir einen Gesellschaftsvertrag der transhumanistisch ist. Mit Transhumanismus meine ich nicht diese Leute die sich zum Beispiel ins Internet hochladen wollen um andere zu übervorteilen, Macht zu erlangen oder sich komplett eigene Existenzdomänen sichern wollen ohne Rücksicht auf den Rest von uns, ich meine mit Transhumanismus das Recht auf Veränderung aber auch die Akzeptanz das Intelligenz und Bewusstsein nicht eine orginär menschliche Eigenschaft ist. Elon Musk will den Mars besiedeln. Was sind die NAchkommen der ersten Marskolonisten in 5ter Generation? Die werden sich signifikant vom Homo Sapiens unterscheiden weil die Lebensbedingungen signifikant anders sind (zum Beispiel die Schwerkraft). Sind das dann noch Homo Sapiens oder ist das eine andere Rasse Mensch? Und wie gehen wir damit um? Kann es einen Raum ausserhalb dieses Vertrages geben oder sind wir in der Lage den universal zu formulieren?

Wir brauchen Strategien unter welchen Bedingungen wir miteinander kooperieren und kommunizieren, aber auch wie wir uns verhalten wenn ein Mensch, eine Entität dieses Vertrag verletzt. Es ist unerheblich ob es sich dabei um eine KI, einen Genmodifizierten oder einen Homo Sapiens handelt. Wie behandeln wir Verletzungen des Vertrags? Darüber müssen wir reden und alleine dieser Punkt für sich ist das was man im Valley immer so leichthin und selbstgefällig "disruptiv" nennt. Nur reden wir hier nicht von einer App oder einem Kickstarterprojekt sondern von der Art und Weise wie wir Zivilisation betreibenb und am Laufen halten wollen.

Wenn wir diese Diskussion nicht führen werden das andere für uns und über unsere Köpfe hinweg entscheiden.

 

Punkt 2 Resilienzgruppen

Was autoritäre Systeme immer wieder mit Erfolg gemacht haben war einen Keil zwischen die Menschen zu treiben. Teile und herrsche. Mittlerweile ist dieser Keil nicht nur bei der Großfamilie sondern auch bei der Intimfamilie angekommen. Der Kapitalismus/Konsumismus hat die Gesellschaft in ihre kleinsten Einheiten atomisiert und ist jetzt in der Lage jedes einzelne Element zu manipulieren, zu verändern, Druck auszuüben.

Die Atomisierung der Gesellschaft macht uns anfällig für Fehlerstellen, für Manipulation durch einzelne Akteure, für Missbrauch, Ausbeutung und Unterdrückung. Aber es nimmt uns auch die Fähigkeit auf Konflikte und Probleme zu reagieren und diese erfolgreich zu behandeln.

Der Klimawandel lässt sich wohl nicht mehr leugnen. Es spielt auch keine Rolle ob wir einen Anteil daran haben oder nicht. Selbst wenn der kommende Klimawandel nicht menschengemacht ist möchte ich allen Spöttern und Zweiflern etwas mitgeben. Als die ersten Europäer nach Nordamerika kamen fanden sie keine Regenwürmer vor. Das liegt nicht daran das diese sich dort nicht entwickelt haben oder das diese von selbst ausgestorben sind sondern an der Eiszeit. Die Eiszeit hat den Boden tief gefrieren lassen und parallel dazu haben die Gletscher den Kontinent abgeschabt und abgehobelt. Das sind Größenordnungen in denen Klimawandel passiert. Wir haben die Möglichkeit das zu Überleben, aber es wird erstens nicht leicht und zweitens wird es Opfer verlangen. Und je länger wir warten desto härter wird es.

Wir als Nordeuropäer freuen uns vielleicht in unserer dummen Selbstgefälligkeit auf besseres Wetter und Strände, es wird aber eher so sein das große Landstriche üebrflutet werden, ganze Regionen zur Wüste, andere in Stürmen verwüstet werden und das bisschen Land das noch Menschen problemlos beherrbergen kann von Flüchtlingen überrant werden wird. Ich rede nicht von Bürgerkriegsflüchtlingen aus Syrien. Ich rede von Klimaflüchtlingen aus den Niederlanden und Dänemark zum Beispiel. Es werden eine Menge Menschen unterwegs sein und das brigt Konfliktpotential. Diese Konflikte werden sich in Gewalt entladen. Woher ich das weiss? Ein paar Flüchtlinge die nicht einwandfrei mitteleuropäisch weiss christlich sind bringen uns schon total zum Ausflippen weil wir Angst um unsere "wohlverdienten und unveräusserlichen" Privilegien haben. Da wird ein Ereignis in der Größenordnung die Leute komplett ausrasten lassen. Die Zivilisationsdecke ist dünn, wie man an Uniter und NSU und CSU sehen kann. Es wird wohl viele Tote geben und das auch den nichtigsten Anlässen. Und das ist nur das Problem Klimawandel. Wir hätten noch im Angebot Weltwirtschaftskrise, PotUS Agent Orange und andere irre Diktatoren oder Peakoil um nur drei Beispiele zu nennen.

Das bestehende System Kapitalismus/Konsumismus ist bei all diesen Problemen nicht der Heilsbringer der das richten wird sondern der Verursacher. Und er hat die Gesellschaften soweit atomisiert das diese nicht mehr oder kaum noch in der Lage sind die Konflikte auch nur zu verstehen oder adäquat mit ihnen umzugehen. Das Individuum kann sich ja nicht einmal durch die Selbstverwertung und Totalprostitution durch den Kapitalismus vernünftig wehren.

Adorno hat gesagt "Es gibt kein richtiges Leben im Falschen". Ich halte diesen Satz für Quatsch. Wenn es kein richtiges Leben im Falschen gibt, gibt es nur die Möglichkeit ein System komplett und auf einen Schlag zu vernichten oder sich mit dem Umständen abzufinden und sich anzupassen. Horst Stowasser meinte aber, meiner Meinung nach Treffender, wir müssten Lernen die Utopie in der Gegenwart zu leben. Wie lebt man bitteschön die Utopie in der Gegenwart? Dafür braucht es Resilienzgruppen.

Resilienz ist die Fähigkeit für das Subjekt bzw die Gruppe negative Einwirkungen von innen und aussen zu kompensieren und danach wieder in der normalen Zustand zurückzukehren. Resilienz bedeutet den Grad der Widerstandsfähigkeit, die Menge die ich ertragen kann bevor ich breche oder verbiege. Wenn wir eine andere Gesellschaft aufbauen wollen müssen wir nicht um Erlaubnis fragen. Die werden wir nicht erhalten. Wir müssen es einfach machen. In Gruppen in denen sich die einzelnen Mitglieder gegenseitig unterstützen, schützen und inspirieren. Es ist dabei unerheblich ob wir hier von einer Großfamilie, einem irgendwie gearteten neotribalistischen Konstrukt oder einer basisdemokratischen Kommune sprechen. Wichtig ist, das wir eine gemeinsame Idee habe die wir teilen, denn dann haben wir Einheit in der Vielfalt.

 

Punkt 3 Autonomie

Um sich von Repression und Zwangsherrschaft frei zu machen müssen die Resilienzgruppen lernen sich von den ökonomischen Zwängen zu befreien die uns der Markt aufdiktiert. Um selbstbestimmt zu leben braucht es einen Raum in dem man die Regel mitgestalten kann. Einen Lebens- und Aktionsraum. Es muss möglich sein Dienste und Waren selber herzustellen und diese nicht nur über Dritte zu beziehen und sich damit von den Bedingungen an den diese Dienste und Waren geknüpft sind frei zu machen. Ein Beispiel wäre Plastik. Viele von uns würden sehr gerne sofort so plastikfrei wie möglich leben. Aber die angebotenen Waren und ihr Preis verhindern ein selbstbestimmtes und verantwortungsvolles Konsumieren.

Indem wir die Herstellung von Dienstleistungen und Waren wieder in die eigenen Hände legen erlangen wir die Fähigkeit die Mengen zu bestimmen, die Form, die Bedingungen zu denen gearbeitet wird. Das gibt uns nicht nur die Möglichkeit verantwortungsvoll und nachhaltig zu agieren sondern es macht uns auch zu kreativen kulturschaffenden, erhöht unsere Bildung und unser Wissen, ist demokratischer und erhöht den Grad unserer Fähigkeit mit Konflikten und sich verändernden Aufgabenstellungen umzugehen.

Um Autonomie zu erreichen müssen sich viele Menschen vernetzen und gemeinsam an Problemen arbeiten, sie müssen aber auch wieder die Produktionsmittel, materielle wie immaterielle, wieder in ihren Besitz erlangen.

Diese Art der Autonomie ist auch eine Form der Konsensfindung. Das was viele betrifft wird auch wieder von vielen als Konsensentscheidung getroffen und mitgetragen. Das Argument das man nicht verantwortlich sei, man keine Möglichkeit zur Änderung habe oder das die Verhältnisse nun eben alternativlos so seien ist damit obsolet.

Die Autonomie stützt nicht nur die Resilienz der Gruppe indem sie sie unabhängiger und überlebensfähiger macht, sie gibt uns auch die Möglichkeit eine Handhabe gegen die zu haben die unseren Vertrag brechen. Wenn ich mit den Bedingungen einer Dienstleistung oder Ware nicht einverstanden bin habe ich wenn ich autonom bin den Luxus diese zu verweigern. Es wird mir nichts essentielles vorenthalten. Konsum ist damit kein Zwang mehr sondern ein Ausdruck meines Willens und meiner Überzeugung.

 

Punkt 4 Affinitätsnetzwerke

Eine Gruppe, und mag sie noch so groß sein, macht noch keine Gesellschaft. Wenn das Ziel aber eine vielfältige diverse Gesellschaft ist und kein homogener Einheitsbrei müssen sich viele Gruppen zu Affinitätsnetzwerken zusammenschliessen. Ich sage Netzwerk im Plural weil es eben immer mehr als nur eine Option geben muss. Im Endeffekt läuft es immer darauf hinaus das verschiedene Standpunkte und Interessengruppen eine Art der Koexistenz und entsprechende Modalitäten finden müssen um miteinander zu agieren.

Die von mir angesprochenen Affinitätsnetzwerke müssen weder formell noch geographisch sein. Es sind Strukturen die geplant werden können oder selber wachsen zwischen Partnern die sich aufgrund von ähnlichen Neigungen zugetan sind und dementsprechend grob ähnliche Ziele verfolgen und von einer gegenseitigen Kooperation profitieren.

Der derzeitige Status Quo sieht in der Regel einen Wettbewerb zwischen jeder Gruppe und innerhalb jeder Gruppe einen Wettbewerb zwischen allen Individuen vor und das verkauft man uns als Gesellschaft, als Gemeinschaft. Wenn wir etwas an den bestehenden Verhältnissen ändern wollen müssen wir lernen auch zu unserem kurzfristigem Nachteil uns affine Mitspieler zu unterstützen weil das angestrebte größere Ziel von allen getragen wird. Das ist derzeit nicht möglich. Das bedeutet, wir müssen für uns die Regeln ändern, das bedeutet aber auch das wir Werkzeuge entwickeln müssen gegen Parteien die uns auf unsere Kosten übervorteilen wollen. Es muss Regeln geben, aber nirgendwo ist festgelegt das wir die nicht selber bestimmen können.

 

Punkt 5 Transformation

Das Ziel soll insgesamt ein beständiger Transformationsprozess sein mit offenem Ausgang. Der Ausgang muss offen sein, weil die Zukunft das ebenso ist. Beschränken wir uns in unseren Zielen beschränken wir unsere Zukunft.

Bestehende Netzwerke und Machtinhaber, Interessengruppen und derzeit Priviligierte werden diesen Verlust an Prestige, Ressourcen, Macht und Einfluss nicht gerne sehen. Ihr Ziel ist ihr Auskommen an der Gesellschaft mindestens gleich zu halten aber eher noch zu vergrössern, was bedeutet das sie Verluste nicht dauerhaft tolerieren werden. Diese Akteure handeln nicht in unserem Interesse. Noch nie. Nicht im Ansatz. Wenn wir eine andere und hoffentlich bessere Gesellschaft bauen wollen werden wir Methoden und Werkzeuge finden müssen diesen Konflikt zu behandeln. Um Repression und Angleichungsdruck zu begegnen wird man gezwungen werden offensive und defensive Strategien zu entwickeln, was nicht zwangsläufig im entferntesten den Einsatz physischer Gewalt bedeutet. Die Aktionen von Greta Thunberg (ungeachtet wer die nach eurer Meinung bezahlt) sind ein offensiver Angriff auf die bestehende Ordnung. Das Mädchen ist eine demonstrierende und die Schule bestreikende Teenagerin, aber auch ihre Methoden sind offensiver Natur.

Ich denke das jede Gruppe für sich und ihren jeweiligen Kontext und den damit verbundenen Erfordernissen eigene Strategien entwickeln werden muss um sich zu behaupten und anfallende Konflikte zu behandeln. Wenn man damit erfolgreich sein wird, wird man auch das Potential zur Gestaltungsfähigkeit und damit zur Transformation der Gesellschaft erlangen. Wenn man dabei scheitert wird das bestehende System entsprechende Personen assimilieren oder wie man in der Türkei derzeit gut sehen kann, auslöschen.

Widerstand ist nicht zwecklos. Widerstand ist nicht optional. Widerstand ist essentiell.

Published on  24.07.2022